Inhalt. Einfuhrung. Uberblick. Wirtschaftspolitik. Agenda 2010. Arbeitsmarktpolitik. Zur Lohnpolitik, страница 18

Entlassungsproduktivitat sollte allerdings nicht umstritten sein. Ein praktikabler Vorschlag fur

kunftige Lohnverhandlungen konnte sein, von der Trendwachstumsrate der Arbeitsproduktivitat

einen Abschlag von beispielsweise einem halben Prozentpunkt zu kalkulieren und nur die Inflationsrate

zu berucksichtigen, die mit dem Inflationsziel der EZB vereinbar ist.23

Einen wichtigen Beitrag zur Beschaftigungssicherung kann auch die Flexibilisierung der Arbeitszeit

leisten. Ein Beispiel sind Arbeitszeitkonten, die bereits in vielen Unternehmen eingefuhrt

wurden. Sie ermoglichen eine Anpassung des Arbeitsvolumens an Schwankungen der

Produktion, ohne dass die langere Arbeitszeit in Spitzenzeiten zu hoheren Kosten etwa durch

Uberstundenzuschlage fuhrt. Besonders erfolgversprechend sind betriebliche Vereinbarungen,

die unternehmensspezifische Besonderheiten berucksichtigen. Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten

muss aber in hoherem Ma.e durch Tarifregelungen unterstutzt werden. Bisher sind tarifliche

Vereinbarungen zu restriktiv. So darf gema. dem im Februar dieses Jahres in der Metallund Elektroindustrie abgeschlossenen Tarifvertrag nur in Betrieben mit einem hohen Anteil von

qualifizierten Arbeitskraften fur maximal 50 % der Beschaftigten die regelma.ige wochentliche

Arbeitszeit bis auf 40 Stunden verlangert werden. Eine solche Regelung ist halbherzig. Die Tarifpartner

sollten den Betriebsparteien wesentlich gro.zugigere Freiraume gewahren.

EU-Osterweiterung und Verlagerung von Arbeitsplatzen

In den vergangenen Jahren sind die Herausforderungen durch den Wettbewerb mit anderen

Volkswirtschaften gro.er geworden, insbesondere durch die Erweiterung der Europaischen

Union. Die EU-Beitrittslander bieten eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen, die es ihnen ermoglichen

werden, den Einkommensabstand zu den reicheren Landern in der EU zu vermindern.

Genau dies ist im Sinne der europaischen Integration, die unter anderem eine Konvergenz zwischen

den Volkswirtschaften zum Ziel hat. Auf die alten EU-Lander kommen aber Anpassungsprozesse

zu, auf die sie offensiv reagieren sollten, wenn sie im Wettbewerb nicht verlieren wollen.

Beispielsweise hilft es nicht weiter, uber niedrige Lohne in den Beitrittslandern zu klagen.

Dieser Vorteil ist weder kunstlich geschaffen noch eine Wettbewerbsverzerrung (oder gar eine

„beggar-thy-neighbour policy“); er stellt auch kein „Lohndumping“ dar, sondern ist vor allem

Ausdruck des vergleichsweise niedrigen Produktivitatsniveaus in diesen Landern. Hierauf mit

Lohnstandards in den Beitrittslandern oder gar einer Abschottung der Markte zu reagieren, ware

kontraproduktiv fur das Wachstum in der EU insgesamt. Ebenso ist es fur den Wohlstand in der

EU schadlich, den Steuerwettbewerb auszuschalten oder zu vermindern. Wenn den Beitrittslandern

Standortvorteile genommen werden, die sie teilweise auch in den Steuersystemen haben,

werden sie es in dem von allen Seiten gewunschten Konvergenzprozess schwerer haben und

langsamer wachsen. Dies ware auch von Nachteil fur die alten Mitgliedstaaten der EU, denn

ihre Exportmoglichkeiten wurden sich verringern. Vor allem aber wurden sie die Produktivitatsgewinne,

die sich durch die Spezialisierung im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung

ergeben, verschenken. Protektionismus in welcher Form auch immer schadet allen beteiligten

Landern. Problematisch ist allerdings, dass die Beitrittslander relativ hohe Subventionen von der

EU erhalten. Somit fallt es ihnen leichter, die Steuersatze niedriger zu halten, als es sonst der

Fall ware. Dies ist allerdings ein Argument gegen die Subventionspolitik, nicht gegen einen

Steuerwettbewerb.

Durch die Situation in den Beitrittslandern ergeben sich durchaus auch hierzulande Wachstumsimpulse.

Ebenso vergro.ert sich der Druck, die Qualifizierung der Arbeitskrafte in Deutschland

zu erhohen. Denn es kommt vor allem darauf an, dass ein reiches Land wie Deutschland die