Inhalt. Einfuhrung. Uberblick. Wirtschaftspolitik. Agenda 2010. Arbeitsmarktpolitik. Zur Lohnpolitik, страница 12

Die Wachstumsschwache zeigt sich in der mittelfristigen Entwicklung der Kapitalbildung, der

Beschaftigung – sinnvollerweise gemessen am Arbeitsvolumen – sowie des Produktivitatsfortschritts. Seit Anfang der 90er Jahre

- ist die Investitionsquote im Trend leicht gefallen,

- ist das Arbeitsvolumen fast kontinuierlich gesunken und

- hat der Anstieg der Arbeitsproduktivitat abgenommen.

Ahnliches gilt fur die totale Faktorproduktivitat.

Damit befinden sich diese drei Gro.en im Abwartstrend, und zwar deutlich starker, als es in

vielen europaischen Landern der Fall ist – ganz zu schweigen von den USA, wo diese Gro.en

aufwarts gerichtet sind. Nach nahezu allen Schatzungen nationaler Institutionen und internationaler

Organisationen hat sich das Wachstum in Deutschland im Trend verlangsamt, und diese

Tendenz hat sich bis zuletzt fortgesetzt.

Dies hat gravierende Konsequenzen fur alle Bereiche der Wirtschaftspolitik; sie reichen vom

Pfad der Konsolidierung in den offentlichen Haushalten bis hin zu den Orientierungsgro.en fur

die Lohnpolitik. Die Wirtschaftspolitik ist jetzt gefordert, Fehler und Versaumnisse aus der

Vergangenheit zu korrigieren. Denn die Politik hat die Wachstumsschwache durchaus mitverursacht.

Hier ist vor allem die Investitionstatigkeit des Staates zu nennen. Durch den Ruckgang

der Investitionen in Realkapital und die Kurzungen bei den Ausgaben fur die Bildung von Humankapital

wurde die Kapitalbasis vermindert und der Produktivitatsfortschritt geschwacht. In

der Lohn- und Arbeitsmarktpolitik wurden die Arbeitsanreize in der Vergangenheit nicht hinreichend

erhoht; vor allem hat die staatlich subventionierte Verkurzung der Lebensarbeitszeit

durch Fruhverrentung zur Abnahme des Arbeitseinsatzes beigetragen.14

Gemessen an diesen Problemen ist die Ausgangslage fur die Wirtschaftspolitik derzeit aus mehreren

Grunden schwierig. Die Finanzpolitik steht vor der Aufgabe, die offentlichen Haushalte zu

konsolidieren. Daher gibt es scheinbar wenig Spielraum fur eine Wachstumspolitik, zum Beispiel

fur hohere Investitions- und Bildungsausgaben. Gleichzeitig erfordert die sich abzeichnende

Verschiebung der Altersstruktur zulasten der Bevolkerung im Erwerbsalter weitere Ma.nahmen

in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, um den kunftigen Belastungen

gerecht zu werden. Was man bislang beschlossen hat, verschafft allenfalls eine Atempause;

weiter reichende Vorschlage, z.B. von der Rurup-Kommission, wurden noch nicht umgesetzt.

In der Finanzpolitik in Deutschland ist derzeit kein klares Konzept zu erkennen. Gewiss hat die

derzeit schwierige Lage in den offentlichen Haushalten immer noch mit den besonders hohen

Lasten zu tun, die sich in der Folge der deutschen Einheit ergeben haben. Auch racht es sich

nun, dass man die versprochene und notwendige Haushaltskonsolidierung in der Hochkonjunktur

nicht intensiv genug betrieben hat. Doch hat es wenig Sinn, in die Vergangenheit zu schauen.

Vor allem kommt es darauf an, die richtigen Akzente in der Wachstumspolitik zu setzen. So

gilt es, das Versprechen einzulosen, die Staatsausgaben zugunsten investiver Ausgaben umzuschichten.

Mittelfristig sollten die Ausgaben des Staates fur Sach- und Humankapital wieder

erheblich aufgestockt werden.

Auch das Ziel, die Abgabenlast zu verringern, muss trotz hoher Budgetdefizite nicht grundsatzlich

aufgegeben werden. Zwar ist es aus heutiger Sicht schwierig, die Burger weiter zu entlasten.

Doch muss man mit einer Reform des Steuersystems nicht Jahre warten; vielmehr sollte auf

Basis der vorliegenden Vorschlage nun auf jeden Fall das Steuersystem rasch vereinfacht werden.

Wenn man mit dem Abbau von Subventionen und Steuervergunstigungen vorankommt,

eroffnen sich Spielraume sowohl fur mehr staatliche Investitionen als auch fur niedrigere Steuersatze.

In dieser Debatte hat der anfangliche Schwung, der im vergangenen Jahr zu beobachten