Inhalt. Einfuhrung. Uberblick. Wirtschaftspolitik. Agenda 2010. Arbeitsmarktpolitik. Zur Lohnpolitik, страница 11

gesenkt werden und die konjunkturelle Erholung sich noch nicht in einer nennenswerten Steigerung

der Bruttolohne und -gehalter widerspiegelt. Die ubrigen Einnahmen des Staates werden

kraftiger als im laufenden Jahr expandieren. Neben einer hoheren Gewinnabfuhrung der Bundesbank

wird angenommen, dass Einnahmen aus der Autobahnmaut fur Lkw anfallen.

Die Personalausgaben des Staates werden sich auch 2005 sehr moderat entwickeln, da die Zahl

der Beschaftigten weiter reduziert wird und die Tarifabschlusse erneut niedriger ausfallen durften

als in der privaten Wirtschaft. Auch die Sachausgaben werden nur wenig expandieren, da es

zu weiteren Einsparungen im Gesundheitswesen kommt; zudem gilt die Ubernahme des vollen

Beitragssatzes zur Pflegeversicherung durch die Rentner nun fur das gesamte Jahr. Schlie.lich

durfte die Rentenanpassung zur Jahresmitte 2005 gering ausfallen, da die Lohne 2004 nur wenig

steigen und die Rentenanpassungsformel um einen „Nachhaltigkeitsfaktor“ erganzt wurde. Angesichts

der unverandert angespannten Finanzlage der offentlichen Haushalte werden die Investitionsausgaben

abermals gekurzt. Hingegen durften die Zinsausgaben vergleichsweise kraftig

expandieren, da die Einspareffekte bei der Refinanzierung von Altschulden geringer werden.

Alles in allem durfte die Finanzpolitik im Prognosezeitraum leicht restriktiv ausgerichtet sein.

Das strukturelle Defizit wird in diesem Jahr voraussichtlich um 0,4 % des nominalen Bruttoinlandsprodukts

und im Jahr 2005 um 0,3 % zuruckgefuhrt. Damit werden die Zusagen der Bundesregierung

gegenuber der Europaischen Kommission verfehlt, zumal die Wirtschaft in diesem

und insbesondere im nachsten Jahr erheblich langsamer wachsen wird als im Stabilitatsprogramm

vom Dezember 2003 zugrunde gelegt. Sollen die Zusagen eingehalten

werden, waren – ohne Berucksichtigung makrookonomischer Ruckwirkungen – im laufenden

Jahr weitere Einsparungen in einer Gro.enordnung von 5. Mrd. Euro und im kommenden Jahr

von 6. Mrd. Euro erforderlich.

Wirtschaftspolitik

Die deutsche Wirtschaft lost sich allmahlich aus der Stagnation, und die konjunkturelle Erholung

wird sich im kommenden Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit fortsetzen. Allerdings bleibt

das Tempo gering. Getragen wird die Konjunktur in erheblichem Ma.e vom Aufschwung in der

Weltwirtschaft. Eine starkere Expansion der Inlandsnachfrage, die notwendig ware, um von

einem kraftigen Aufschwung sprechen zu konnen, ist im Prognosezeitraum wenig wahrscheinlich.

Die Zuwachsrate des realen Bruttoinlandsprodukts bleibt – wie schon in den vergangenen

zehn Jahren – hinter der ohnehin nur schwachen Dynamik im ubrigen Euroraum zuruck.

So macht denn auch die konjunkturelle Erholung, die jetzt eingesetzt hat, die Herausforderungen

fur die Politik nicht geringer. Es ware falsch zu meinen, die bessere Konjunktur sei auch

oder sogar vorwiegend das Ergebnis der in Gang gesetzten Reformen, und man konne nun warten,

weil vermeintlich genug getan worden sei. Vielmehr ist die Wirtschaftspolitik auch jetzt

gefordert, das Potentialwachstum in Deutschland zu starken und dabei auf eine kraftige Zunahme

der Beschaftigung hinzuwirken. Es ware fatal, wenn man die Jahre 2004 und 2005 – mit

einer Zuwachsrate des realen Bruttoinlandsprodukts von geschatzten jeweils 1. % – ruckblickend

schon als „gute Jahre“ fur die Konjunktur bezeichnen musste. Gro.ere Anstrengungen

sind auch erforderlich, um zu verhindern, dass sich die Probleme fur das System der sozialen

Sicherung zuspitzen. Dieses Risiko eines anhaltend niedrigen Wirtschaftswachstums hatten die

Institute hauptsachlich gemeint, als sie in den vergangenen Gutachten davor warnten, dass sich

der Lebensstandard von Teilen der deutschen Bevolkerung moglicherweise vermindern werde.

Vermutlich wird das Verhalten der privaten Haushalte und der Unternehmen bereits jetzt dadurch

beeinflusst, dass sie ihre mittelfristigen Einkommensaussichten eher pessimistisch einschatzen.